In diesem Jahr werden wir auf unserem Oldtimer Treffen als Höhepunkt eine Dampfwalze im Betrieb vorführen. Sie gehört Gerard Leerer aus Waltrop, gelegen am nördlichen Rand des Ruhrgebiets. Diese Dampfwalze war früher im Straßenbau eingesetzt und ist eine reine Schotterwalze. Sie ist aufgrund ihrer eigens für das Schotterwalzen konstruierten kegeligen Rädern nicht dafür geeignet, Asphalt zu walzen. Die Walze ist 1925 unter der Fabriknummer 381 bei der Firma Ruthemeyer Maschinenfabrik und Eisengießerei in Soest gebaut worden. Das 13 Tonnen schwere Gefährt wurde von dort neu an die Straßenbaufirma Haake in Stadtlohn geliefert. Dort stand sie bis zum Ende ihrer aktiven Laufbahn in den 1960er Jahren in Betrieb. Doch wie legte die fabrikneue Walze im Jahr 1925 den Weg von Soest nach Stadtlohn zurück? Dazu ist eine interessante Anekdote überliefert:

Der damalige Seniorchef der Firma Haake fuhr damals mit dem Fahrrad von Stadtlohn nach Soest, immerhin eine Distanz von mehr als hundert Kilometern! Das Fahrrad packte er dann auf die Maschine und fuhr mit ihr unter Dampf zurück nach Stadtlohn. Auf der dreitägigen Fahrt mit der neuen Walze begleitete ihn ein Ingenieur der Firma Ruthemeyer, der den Seniorchef während der Reise auf seiner neuen Maschine einwies.

Nach ihrer Auslieferung fuhr die Dampfwalze rund vier Jahrzehnte von Baustelle zu Baustelle. Oftmals lebte der Maschinist dabei mit der Maschine. Das war zu jener Zeit bei den umherfahrenden Dampfwalzen gängige Praxis. In einem kleinen Wohnanhänger, der an die Walze gehängt werden konnte, wohnten der Maschinist und seine Familie. Wenn eine Baustelle beendet war, wurde der Wohnwagen angehängt und das Gespann zog zur nächsten Baustelle weiter. In den 1960er Jahren jedoch war die Dampftechnologie überholt und den mit einem Dieselmotor versehenen Straßenwalzen unterlegen. Die Maschine wurde bei ihrem Eigentümer, der Firma Haake abgestellt. Dann gelangte sie in das Eigentum eines Sammlers, der sie nach Bad Laer brachte. Gerard Leeraar, der heutige Eigentümer der Maschine, betreute sie schon damals, doch sie gehörte ihm noch nicht. 1996 übernahm er die Dampfwalze und restaurierte sie in den folgenden sechs Jahren eigenständig. Dabei musste auch ein Teil des Kessels erneuert werden, wofür Leeraar eigens eine Nietmaschine nach eigenem Entwurf konstruierte. Seitdem kann die Zweizylinder-Compound-Maschine wieder im Einsatz vorgeführt werden. „Zweizylinder-Compound“ ist eine andere Bezeichnung für eine Verbunddampfmaschine. Diese besitzt zwei Zylinder, die nacheinander geschaltet sind. Der Hochdruckdampf gelang in den ersten Zylinder und expandiert dort bis zu einer unteren Druckgrenze. Der nun teilentspannte Dampf gelangt danach in den zweiten Zylindern mit größerem Durchmesser zur Nutzung des niedrigeren Drucks. Das Verfahren, welches einem Patent von Anatole Mallet aus dem Jahre 1874 folgt, hat sich vor allem im Lokomotivbau erfolgreich etabliert. Die auf den Namen „Miss Elli“ getaufte Dampfwalze von Gerard Leeraar wird jedes Jahr auf zahlreichen Festen im Einsatz vorgeführt.

 

Zum Seitenanfang